Brecht Babylon Berlin: Baal, D 1970, R: Volker Schlöndorff mit Rainer Werner Fassbinder, Sigi Graue, Margarethe von Trotta, 87 Min, OmeU
1969: Baal (Rainer Werner Fassbinder), Lyriker und Anarchist, hat ein ambivalentes Verhältnis zur bürgerlichen Gesellschaft. Mal versucht sie, ihn zu vereinnahmen, dann stößt sie ihn wieder weg.
Der Dichter führt ein unstetiges Leben: Wenn er nicht in seiner Dachkammer ist, streunt er umher. Sein Weg führt in durch Wälder und auf Autobahnen und immer wieder zur Flasche. Er schläft mit vielen Menschen beider Geschlechter und schwängert eine junge Schauspielerin, doch bei ihr bleiben kann er nicht. Sie ist ihm eine Last, sein inneres Tier fühlt sich in einen Käfig gesperrt ein Tier, das ihn zum Mord an einem Freund treibt. Aber ist wirklich er es, der sich asozial verhält? Oder doch die Gesellschaft? Adaption eines Bühnenstücks von Bertolt Brecht.
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Erst zur Berlinale 2014 durfte der Film mit Fassbinders erstem Auftritt vor der Kamera wieder aufgeführt werden. Fassbinder ist und lebt den Baal. Er hat ein verführerisches Charisma – für Frauen wie für Männer.
Nicht nur als Dichter ist er radikal, wild, schmutzig und zieht auch seine Anhänger mit in den Abgrund. An seiner Seite agiert Schlöndorffs spätere Ehefrau, Margarethe von Trotta, die hier zum ersten Mal mit den beiden deutschen Regie-Ikonen zusammenarbeitete.
„Baal“ ist Bertolt Brechts erstes Bühnenstück, das er 1918 im Alter von 20 Jahren schrieb.
Baal ist ein junger und talentierter Dichter. Obgleich er von der großbürgerlichen Gesellschaft gefeiert und hofiert wird, verachtet er sie. Er schläft mit der Frau seines Gönners Mech und schwängert Sophie, die ihm aber schnell zur Last wird.
Menschen, denen Baal begegnet, nutzt er schamlos aus – selbst seinen Freund Ekart, mit dem er mehrere Jahre durchs Land zieht und den er offen begehrt. Auf brillante Weise überträgt Schlöndorff das historische Brecht-Stück in die Gegenwart der 1968er und fängt eindrucksvoll die Stimmung der Revolte und sexuellen Befreiung ein.