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"They named a brandy after Napoleon, they made a herring out of Bismarck,and Hitler is going to end up as a piece of cheese."

 

 

Cinema Italia: Troppa grazia [Zu viele Wunder], italien 2018, R: Gianni Zanasi mit Alba Rohrwacher, Elio Germano, Giuseppe Battiston, 110 Min, OmU

Lucia ist Landvermesserin. Privat kämpft sie mit der Trennung von ihrem Mann und der Erziehung ihrer pubertierenden Tochter. Beruflich hat sie mit einem kleinen Trick gerade einen Job ergattert zur Vorbereitung eines großen Bauprojektes auf dem Lande. Eines Tages erhält sie bei ihren Vermessungsarbeiten auf einem einsamen Feld unerwarteten Besuch – von einer Erscheinung der Jungfrau Maria! Diese fordert sie auf, das Projekt zu stoppen und stattdessen dort eine Kirche zu bauen. Lucia zweifelt an ihrem Verstand. Doch die Heilige erscheint ihr immer wieder und bleibt knallhart bei ihrer Forderung…

Haben Wunder noch einen Platz in einer Welt, die zum Synonym für Profitgier geworden ist? Was soll man von einer Gottesmutter halten, die nicht mild und sanft daherkommt, sondern zu rabiaten Mitteln greift? Eine verblüffende Geschichte haarscharf auf der Grenze wischen Komödie und Drama, getragen von der großartigen Alba Rohrwacher als von allen Seiten bedrängte Lucia. Troppa grazia wurde beim Festival von Cannes 2018 vom Verband „Europa Cinema“ als bester europäischer Film des Jahres ausgezeichnet. Cinema!Italia! Cinema!Italia! Dies ist kein religiöser Film. Denn es geht nicht um die Fähigkeit an Gott zu glauben, oder nicht. Sondern um die Fähigkeit, überhaupt zu glauben, obwohl wir keine Kinder mehr sind. Es geht um Glauben, Fühlen und Vorstellungskraft. Die Muttergottes im Film ist nicht die der religiösen Erzählung, sondern die Madonna von Lucia, ganz einfach. Sie ist Ausdruck der Fähigkeit zu glauben, die zur Kindheit gehört und die Lucia seit zu langer Zeit unterdrückt hat. Aus diesem Grund liebe ich Lucia, weil sie nicht völlig versteht, was passiert, da sie, auch wenn sie es noch nicht gemerkt hat, beschlossen hat, ihr Leben in vollen Zügen zu leben, mit allem, was dazu gehört und um jeden Preis. Es lohnt die Mühe, einen Raum in uns zu schaffen für die Komplexität unserer Gefühle und für die geheimnisvolle Erfahrung, auch das zu spüren, was es nicht gibt.

GIANNI ZANASI „Geh zu den Menschen und sag ihnen, dass sie dort, wo ich erschienen bin, eine Kirche bauen sollen…“ So spricht eine Frau mit blauem Umhang zu Lucia, einer Vermessungstechnikerin, die ein Grundstück vermessen soll, auf das ein Riesengebäude gebaut werden soll. Lucia hält sie für eine Asylbewerberin, aber sie entpuppt sich als Muttergottes. Nur Lucia kann sie sehen, was oft zu komischen Situationen führt, da die Technikerin mit allen Mitteln versucht, den Forderungen der Madonna zu widerstehen, so dass die beiden sich immer wieder streiten. Die Idee von Zanasi ist originell und bringt einen unkonventionellen Sinn für Humor in das italienische Kino von heute. Vielleicht kam der Film deswegen so gut an beim Festival von Cannes, wo er mit dem Preis für den besten europäischen Film ausgezeichnet wurde. Alba Rohrwacher legt auch hier ein komisches Talent an den Tag, das sie öfters nutzen sollte. Die Leichtigkeit, ja Zartheit der Grundidee und ihre Variationen bieten die Gelegenheit, einen Blick auf ein melancholisches, fast verlassenes Italien in der Provinz zu werfen, wo die allgegenwärtige Korruption immer noch den modrigen Geschmack der 70er Jahre hat, Wieder einmal ist für diesen Regisseur die Provinz der Hintergrund für eine Erzählung, die in angenehmer Art in der Schwebe bleibt.

EMILIANO MORREALE, LA REPUBBLICA Gianni Zanasi (*Vignola bei Modena, 1965). Nach einem Philosophiestudium an der Universität von Bologna macht er am Centro Sperimentale di Cinematografia di Roma seinen Abschluss in Filmregie. 1995 debütiert er mit Nella mischia, der zum Festival von Cannes eingeladen wird. Es folgen Fuori di me (1999) und A domani (1999), der im Wettbewerb des Festivals von Venedig läuft. Sein größter Erfolg wird 2007 Non pensarci, der auch in Deutschland unter dem Titel Nicht dran denken ins Kino kommt und in Italien sogar zu einer eigenen Fernsehserie ausgebaut wird. Seine neuesten Filme sind La felicità è un sistema complesso (2015) und jetzt Troppa grazia (2018).

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