Jürgen Kuttner & Tom Kühnel Live: Premiere "Hofmeister", 1950/2019, R: Brecht, Jürgen Kuttner, Tom Kühnel mit Samuel Finzi, Kathleen Morgeneyer und Peter-René Lüdecke.
Am 14.4.1950 hatte am Deutschen Theater die epochemachende Hofmeister-Inszenierung des Berliner Ensembles von Brecht nach Lenz Premiere. Eine Inszenierung gegen die spiessbürgerliche, unkritische Klasssikerverehrung der DDR-Kulturpolitik.
Über 40 Jahre später schwärmt Heiner Müller: „Die beste Aufführung überhaupt war der Hofmeister. Das war es, was er wirklich wollte. Eine ganz scharfe, elegante, schöne Aufführung. [...] Das Hauptthema war die deutsche Misere [...]. Das war der Höhepunkt von B.s Arbeit am Berliner Ensemble. Aber es wurde sehr bekämpft und konnte nicht lange gespielt werden.“
Bei einer der Aufführungen wurde jede Sekunde ein Stand-Foto gemacht. Daraus entstand ein Stop-Motion-Film, den Tom Kühnel und Jürgen Kuttner in ausgewählten Szenen untertitelt haben und der im Rahmen des Brechtfilmfestivals im Babylon in Form einer Live-Synchronisation mit den Schauspielern Kathleen Morgeneyer, Samuel Finzi und Peter-René Lüdecke. uraufgeführt wird. Eine Premiere!
1940 schrieb Bertolt Brecht das Sonett “Über das bürgerliche Trauerspiel ‘Der Hofmeister’ von Lenz”
Hier habt ihr Figaro diesseits des Rheins!
Der Adel geht beim Pöbel in die Lehre
Der drüben Macht gewinnt und hüben Ehre:
So wird's ein Lustspiel drüben und hier keins.
Der Arme will, statt in die Literatur
Der reichen Schül'rin in die Bluse schaun.
Doch statt den Gordischen Knoten zu durchhaun
Haut er, Lakai, nur über eine Schnur.
Nun, er gewahrt, daß sich mit seinem Glied
Zugleich sein Brotkorb in die Höhe zieht.
So heißt es denn zu wählen, und er wählt.
Sein Magen knurrt, doch klärt auch sein Verstand sich.
Er flennt und murrt und lästert und entmannt sich.
Des Dichters Stimme bricht, wenn er's erzählt.
Es kooperieren: Babylon, Literaturforums im Brecht-Haus, Akademie der Künste (Bertolt-Brecht-Archiv), Suhrkamp Verlag und Brechtfestival Augsburg.
Eintritt 15,- Euro