Literatur Live mit Roswitha Quadflieg: „Ich will lieber schweigen“
Im Anschluss zeigen wir den Film: GPU, ein antisowjetischer, faschistischer Propagandafilm aus dem Jahr 1942.
Will Quadfliegs Aufstieg begann im Dritten Reich. Auf Bühne und Leinwand war er ein Star. GPU ist einer seiner 10 Filme aus dieser Zeit – nach Kriegsende von den Alliierten als Propagandafilm deklariert. Und heute als „Vorbehaltsfilm“ unter Verschluss.
Jahrzehnte nach dem Tod des Vaters findet seine Tochter, die Schriftstellerin Roswitha Quadflieg, im Nachlass ihrer Mutter über 400 Briefe von ihm, zusammen mit seinem Tagebuch, geführt vom März 1945 bis Oktober 1946. Durch 103 Tage folgt sie ihm, erfährt, was er tut und sieht, wem er begegnet, was er denkt – stellt Fragen, die sie zu seinen Lebzeiten nie gestellt hat.
März 1945. Die Rote Armee rückt täglich näher an Berlin heran. Angst und Verzweiflung grassieren unter der Zivilbevölkerung. Die Eltern von Roswitha Quadflieg entschließen sich zur Trennung auf Zeit. Sie, Schwedin mit deutscher Staatsbürgerschaft, flieht mit zwei Kindern und hochschwanger mit dem dritten Kind in ihre Heimat. Er, einer der berühmtesten Schauspieler der Zeit, muss bleiben und fängt an, Tagebuch zu schreiben. Einen langen Liebesbrief an seine Frau, während er rezitierend durch ein in Trümmer zerfallendes Deutschland zieht, um Soldaten mit deutscher Dichtung „aufzurüsten“, während er nach Kriegsende vor Flüchtlingen und Verwundeten rezitiert, um sie zu trösten, während der Theaterbetrieb langsam wieder in Gang kommt. Tagebuch und Briefe zeugen nicht nur von Flucht, Angst, Liebe, Hoffnung und der Überzeugung, ein Fackelträger deutscher Kultur zu sein, sondern auch von Schuld, Blindheit, Lüge und Selbstlüge.
Wo stehen wir heute? Nichts gelernt?
Gäste können sich das Buch im Anschluss vor Ort für 26€ kaufen und signieren lassen